Angedacht

Liebe Leserin, lieber Leser,
genau vor einem Jahr rechneten wir jederzeit mit dem Anruf unserer Tochter, wenn bei ihr die Wehen einsetzen würden und sie ins Geburtshaus fuhr. Dann wollten wir uns um unseren Enkel kümmern. An einem Februarmorgen klingelte das Handy: „Es geht los! Könnt ihr kommen?“ Wir konnten.
Was für ein spannender Tag voller Erwartung, aber auch Bangen und Beten, dass alles gut geht.
Am Abend kamen unsere Kinder mit ihrer kleinen Tochter nach Hause – 4 Stunden nach der Geburt. Unglaublich, dieses Wunder, das kleine Menschlein zum ersten Mal zu sehen, es zu begrüßen und sogar zu berühren.
Nur zu gut ist es nachvollziehbar, wie es einer Sara damals ging. Wie lange musste sie darauf warten!
Lachen und Weinen vor Freude im Angesicht des neuen Lebens!
Keine zwei Tage nach der Geburt unserer Enkelin begann der Krieg in der Ukraine. Ihr Geburtstag wird uns wohl immer wieder daran erinnern, wie das Leben von einem Tag auf den anderen aus den Fugen geriet und das Jahr 2022 der Beginn einer Zeitenwende war. Krieg in Europa - so lange undenkbar, so unendlich viel Leid und Zerstörung!
Wenn es stimmt, was Experten sagen, geht der Krieg noch lange weiter – Monate, Jahre. Er soll die Kampfkraft des Gegners zermürben und damit ebenso die Zivilisten: Kinder, Jugendliche, Frauen und die Alten.
Was können wir tun?
Der Krieg darf nicht zur Gewohnheit werden, so viel auch darüber berichtet wird. Die Not der Menschen in der Ukraine und anderswo darf uns nicht „zermürben“, indem wir mit Gleichgültigkeit oder Fatalismus reagieren.
Die Hilfsbereitschaft und Solidarität mit den Ukrainerinnen und Ukrainern, aber auch mit den Geflüchteten aus anderen Kriegs- und Krisenregionen ist unsere Aufgabe und Chance, sich gegen die Agressoren der Welt zu stellen. Mit Hoffen, mit Beten und konkretem Tun!
In diesen Tagen rechnen wir wieder mit einem Anruf oder einer Nachricht. Ein junges Paar, das im März 2022 aus der Ukraine floh und in der methodistischen Kirche in Berlin-Friedenau eine Unterkunft fand, erwartet ein Kind. Wie werden wir uns freuen über das Wunder des Lebens und das Zeichen der Hoffnung. Denn Gott lässt uns trotz allem immer wieder lachen, der Schöpfer und Bewahrer des Lebens!
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr/euer Holger Sieweck